Krupp - Fotografien aus zwei Jahrhunderten -
Villa Hügel, Essen.
Die
Industriellenfamilie selbst wurde bereits ab 1846 kontinuierlich im
Bild festgehalten - die „Schatzkammer“ der Ausstellung mit sorgfältig
restaurierten Daguerreotypien zeigt ein Duzend solcher photografischer
Raritäten.
Die
Rolle der großbürgerlichen Familie wurde über vier Generationen, zum
Teil von den renommiertesten Fotografen ihrer Zeit im jeweiligen
gesellschaftlichen Kontext dargestellt.
Beeindruckende
Bildstrecken zeigen den letzten Alleininhaber, Alfried Krupp von Bohlen
und Halbach in seinem privaten und unternehmerischen Umfeld. Die Fotos
mit der royalen und politischen Prominenz, die in der Villa Hügel
zahlreich empfangen wurde, dienten nicht der Dokumentation eines
Ereignisses, sondern waren im hohen Maße der Repräsentation der Firma
geschuldet. Detailliert inszeniert wurde auch das Kruppsche Innenleben.
Selbst die Begegnung Alfrieds mit Lehrlingen wurde vom Fotografen
sorgfältig erabeitet.
Berührend,
ja verstörend, fast diabolisch wirkend, das Portrait des Amerikaners
Arnold Newman von Alfried in der Lokomotivenwerkstatt aus dem Jahre
1963. Im Gegensatz hierzu die Studioaufnahme von Yousuf Karsh, ein Jahr
später entstanden, der Industrielle im Halbschatten, das Gesicht Krupps
spiegelt strenge Autorität und gleichzeitig Sensibilität wider.
Meisterwerke der Fotokunst!
Über
zwei Millionen Bilder umfasst das Historische-Archiv-Krupp, dem
Publikum wird eine Auswahl von 400 Fotos, Bildbänden und sonstigen
Objekten gezeigt.
Einen
Schwerpunkt der Schau bilden die von Hugo van Werden gefertigten
Großpanoramen des Ruhrtals und das elfteilige, fast acht Meter lange
Panorama der Gussstahlfabrik aus dem Jahre 1867. Die mehrere Zentner
wiegende Fotoausrüstung musste auf dem Turm der Kanonenfabrik
erschütterungsfrei installiert werden. Rund 250 Arbeiter wurden an ihrem
arbeitsfreien Sonntag auf dem Werksgelände positioniert. Die
detaillierten Regieanweisungen stammten von Firmeninhaber selbst. Der
äußerst kritische Alfred Krupp war von dem Ergebnis beeindruckt: „Die
Bilder [...] sind wunderschön.“
Im
späten 19. Jahrhundert waren die Produktionsvorgänge schon sehr
komplex, im direkten Vergleich zu den gigantischen Fertigungsanlagen
wirkten die Menschen klein und schutzlos. Teils mit bloßem Oberkörper
und hoch konzentriert auf ihre schwere Arbeit wurden die Kruppianer von
den Werksfotografen abgelichtet. Die Aufnahmen entstanden nicht spontan,
dies wäre unter den eingeschränkten technischen Möglichkeiten auch
nicht realisierbar gewesen, sondern wurden nach präzisen Anweisungen
erstellt - jede Pose, jeder Handgriff und wurde zum fotografischen
Gestaltungelement.
Der
2. Weltkrieg war nicht nur durch die weitgehende Zerstörung der
Werksanlagen und die Inhaftierung Alfried Krupps eine Zäsur in der
Firmengeschichte; der Konzern wurde neu strukturiert und auch
fotografische Ästhetik passte sich der neuen großindustriellen
Fertigungsdynamik an. Der riesige, 28, 8 Tonnen schwere
Dampfturbinenläufer hängt, von nur einem Arbeiter dirigiert, schwerelos
wirkend an einem Hebezeug im Vordergrund der riesigen Werkshalle:
Die
äußerst vermögende Familie Krupp war reisefreudig und dem Unbekannten
gegenüber aufgeschlossen. Prachtvolle, großformatige in Leder gebundene
Alben aus dem 19. Jahrhundert zeugen von der Kunstfertigkeit der
damaligen Reisefotografen.
Alfried
Krupp von Bohlen und Halbach war selbst ein begeisterter
Amateurfotograf, rund 30.000 Bilder sollen auf seinen Weltreisen
entstanden sein. Eine kleine Auswahl bildet den Schluss der sehenswerten
Ausstellung.
Rainer Schwirtzek
Infos:
Öffnungszeiten: bis 11. Dezember 2011, Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.
Eintrittspreis (Villa Hügel incl. Park und die Fotoausstellung) 3. - €.
Alle weiteren Informationen über www.villahuegel.de
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