Freitag, 18. November 2011

Villa Hügel


Krupp - Fotografien aus zwei Jahrhunderten -

Villa Hügel, Essen.


Es war eine Weltsensation, als  Louis Jacques Mandé Daguerre am 19. August 1839 der Pariser Akademie der Wissenschaften seine Erfindung, dauerhaft auf einer spiegelblank polierten Metallplatte fixierte Fotos, präsentierte. Read More Alfred Krupp, der als Vertreter seiner eigenen Produkte in der Zeit von Juni bis September 1839 in Frankreich weilte, hat hierüber zunächst nichts berichtet. Er erkannte jedoch schnell den betrieblichen Nutzen des neuen Mediums - die Industriefotografie mit ihren vielfältigen Möglichkeiten zur Werbung und Dokumentation erlebte bei Krupp ihre Geburtsstunde.
Die  Industriellenfamilie selbst wurde bereits ab 1846 kontinuierlich im Bild festgehalten - die „Schatzkammer“ der Ausstellung mit sorgfältig restaurierten Daguerreotypien zeigt ein Duzend solcher photografischer Raritäten.
Die Rolle der großbürgerlichen Familie wurde über vier Generationen, zum Teil von den renommiertesten Fotografen ihrer Zeit  im jeweiligen gesellschaftlichen Kontext dargestellt.
Die amilie Krupp von Bohlen unFd Halbach, 1930 auf der Terrasse derVilla Hügel
Beeindruckende Bildstrecken zeigen den letzten Alleininhaber, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach in seinem privaten und unternehmerischen Umfeld. Die Fotos mit der royalen und politischen Prominenz, die in der Villa Hügel zahlreich empfangen wurde, dienten nicht der  Dokumentation eines Ereignisses, sondern waren im hohen Maße der Repräsentation der Firma geschuldet. Detailliert inszeniert wurde auch das Kruppsche Innenleben. Selbst die Begegnung Alfrieds mit Lehrlingen wurde vom Fotografen  sorgfältig erabeitet.
Berührend, ja verstörend, fast diabolisch wirkend, das Portrait des Amerikaners Arnold Newman von Alfried in der Lokomotivenwerkstatt aus dem Jahre 1963. Im Gegensatz hierzu die Studioaufnahme von Yousuf Karsh, ein Jahr später entstanden, der Industrielle im Halbschatten, das Gesicht Krupps spiegelt strenge Autorität und gleichzeitig Sensibilität wider. Meisterwerke der Fotokunst!
Über zwei Millionen Bilder umfasst das Historische-Archiv-Krupp, dem Publikum wird eine Auswahl von 400 Fotos, Bildbänden und sonstigen Objekten gezeigt.
Einen Schwerpunkt der Schau bilden die von Hugo van Werden gefertigten Großpanoramen des Ruhrtals und das elfteilige, fast acht Meter lange Panorama der Gussstahlfabrik aus dem Jahre 1867. Die mehrere Zentner wiegende Fotoausrüstung musste auf dem Turm der Kanonenfabrik erschütterungsfrei installiert werden. Rund 250 Arbeiter wurden an ihrem arbeitsfreien Sonntag auf dem Werksgelände positioniert. Die detaillierten Regieanweisungen stammten von Firmeninhaber selbst. Der äußerst kritische  Alfred Krupp war von dem Ergebnis beeindruckt: „Die Bilder [...] sind wunderschön.“
Die Gussstahlfabrik 1867
Im späten 19. Jahrhundert waren die Produktionsvorgänge schon sehr komplex, im direkten Vergleich zu den gigantischen Fertigungsanlagen wirkten die Menschen klein und schutzlos. Teils mit bloßem Oberkörper und hoch konzentriert auf ihre schwere Arbeit wurden die Kruppianer von den Werksfotografen abgelichtet. Die Aufnahmen entstanden nicht spontan, dies wäre unter den eingeschränkten technischen Möglichkeiten auch nicht realisierbar gewesen, sondern wurden nach präzisen Anweisungen erstellt - jede Pose, jeder Handgriff und  wurde zum fotografischen Gestaltungelement.
Der 2. Weltkrieg war nicht nur durch die weitgehende Zerstörung der Werksanlagen und die Inhaftierung Alfried Krupps eine Zäsur in der Firmengeschichte; der Konzern wurde neu strukturiert und auch fotografische Ästhetik passte sich der neuen großindustriellen Fertigungsdynamik an. Der riesige, 28, 8 Tonnen schwere  Dampfturbinenläufer hängt, von nur einem Arbeiter dirigiert, schwerelos wirkend an einem Hebezeug im Vordergrund der riesigen Werkshalle:
Die äußerst vermögende Familie Krupp war reisefreudig und dem Unbekannten gegenüber aufgeschlossen. Prachtvolle, großformatige in Leder gebundene Alben aus dem 19. Jahrhundert zeugen von der Kunstfertigkeit der damaligen Reisefotografen.
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach war selbst ein begeisterter Amateurfotograf, rund 30.000 Bilder sollen auf seinen Weltreisen entstanden sein. Eine kleine Auswahl bildet den Schluss der sehenswerten Ausstellung.
Rainer Schwirtzek

Infos:

Öffnungszeiten: bis 11. Dezember 2011, Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.
Eintrittspreis (Villa Hügel incl. Park und die Fotoausstellung) 3. - €.
Alle weiteren Informationen über www.villahuegel.de

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